Science-Fiction/Endzeit-Drama
NZ, 1985
Regie: Geoff Murphy
Darsteller: Bruno Lawrence, Alison Routledge, Pete Smith
Nach dem Aufwachen hat er schon ein seltsames Gefühl, das sich weiter verstärkt, als er auf dem Weg zur Arbeit feststellt, das alles menschenleer ist. „Zac Hobson, 5. Juli. Erstens: im Projekt Flashlight hat es eine Fehlfunktion gegeben - mit verheerenden Folgen. Zweitens: es scheint, daß ich der einzige Überlebende bin...“ spricht er auf sein Diktiergerät und irrt durch die Gegend, auf der Suche nach anderen Menschen, die den "Effekt" überlebt haben. Schon nach kurzer Zeit scheint er dem Wahnsinn anheim zu fallen - und trifft unverhofft auf Joanne.
Zac, wieder Herr seiner Sinne und überglücklich, doch nicht alleine auf der Erde verweilen zu müssen, glaubt sich Imstande, den Effekt rückgängig machen zu können. Doch dann treffen sie auf Api - und die Spannungen zwischen den beiden Männern steigern sich stetig... bis zum nächsten Vorfall...
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Ob nun Science-Fiction oder Endzeit-Drama - genau läßt sich "Quiet Earth" nicht einordnen. Geoff Murphy gelang mit seiner filmischen Adaption der Novelle von Craig Harrison eine Mischung zwischen futuristischem Endzeitdrama und gesellschaftlicher Parabel.
SPOILER!
Was tut man, wenn man der letzte Mensch auf der Erde ist? Man kann essen was man will, Strom fließt auch noch, in immerzu neuen Häusern und Gegenden wohnen, "shoppen" ganz ohne Geld, nackig durch die Gegend laufen... ?! So ergeht es Zac. Zu Beginn der Geschichte, die sich in gleichmäßigem Tempo selber vorantreibt, beherrscht noch der Wissenschaftler in ihm die Oberhand. Doch schon nach kurzer Zeit, als ihm das Ausmaß des "Flashlight Effects" ins Bewußtsein dringt, scheint er den Verstand zu verlieren. Denn eines ist ganz klar: der Mensch ist ein Herdentier. Doch nachdem Zac - intensiv und überzeugend gemimt von Bruno Lawrence († 1995) - nicht nur ein Tonband im Radio Schleife laufen läßt und sich lautstark in allen Ecken der Stadt bemerkbar gemacht hat, glaubt er nicht mehr daran, das es noch andere Überlebende des Effektes gibt. Und so fällt er - fast - dem Größenwahn anheim, bestimmt dazu als einziger zu leben und somit Gott von seinem Thron gestoßen zu haben.
Eine unter die Haut gehende Szene ist Zac's vor Pappaufstellern - von Berühmtheiten (teils mit fraglichem Ruf) wie u.a. Marilyn Monroe, Elisabeth II., R. M. Nixon, Churchill und Hitler - auf dem Balkon gehaltener Rede, die in kritischer Darstellung zeigt, wie dünn die Schwelle zwischen Verstand und Wahnsinn ist: Zac spricht hier von den Selbstzweifeln aufgrund seiner Mitschuld an dem Verschwinden aller Menschen, da er gutgläubig wider besseren Wissens weiterhin experiment hat, statt seinem Verstand zu trauen und vorzeitig zu schlussfolgern, das die Erfindungen und Wissenschaften nicht zum Wohle der Menschheit genutzt werden würden.
Als Zac schließlich auf Joanne stößt, eine junge Frau die voller abstruser Gedanken und Ideen steckt, scheint sich für eine Weile seine Welt richtig anzufühlen, gut, obwohl die Messungen, die er regelmäßig vornimmt, etwas anders voraussagen. Der Humor kehrt zurück und auch ein wenig die Lockerheit, so fühlt sich auch der Zuschauer - als wäre der Sturm erstmal vorübergezogen und man könnte nun gedankenlos wieder in den Tag hinein leben. Doch spätestens mit dem Auftauchen des dritten Protagonisten Api - verkörpert von Pete Smith, der seine Māori-Abstammung in die Rolle einfließen und seiner Rolle etwas Geheimnisvolles angedeihen läßt - wandelt sich die spannende Science-Fiction-Stimmung schlagartig in eine Parabel um die Geschlechter und die Menschen an sich. Denn wie soll es weitergehen? Der Zuschauer fragt sich, für wen sich Joanne, als Frau zwischen zwei Männern, entscheiden wird, denn die beiden männlichen Hauptfiguren lassen kaum Chancen aus, sich als die "bessere Wahl" zu präsentieren.
Doch der Film driftet nie ab in Richtung "Wink mit dem Zaunpfahl": "böser Mensch, hättest du nicht, dann..." Hier gibt es einerseits sehr viel Spielraum für die eigene Fantasie, doch ebenso vermittelt die Geschichte ein mulmiges Gefühl in der Magengrube, da der Zuschauer sich einfühlen, eindenken kann in die Einsamkeit aller drei Figuren, die zwar nun zusammen, andererseits aber doch einsam sind. Die schreckliche Gemeinsamkeit, die letztendlich alle drei verbindet, im Angesicht des Todes doch noch überlebt und zusammengefunden zu haben, ist eine bittere Essenz dieses stellenweise alptraumhaft anmutenden Szenarios.
Wer viel "Action" erwartet ist hier an der falschen Adresse: Durch ruhige und subtil vermittelte Nahaufnahmen von hoher Intensität, ohne sich je in die Länge zu ziehen, mit einer Story die sich wie von selbst entwickelt, mit beachtlicher Natürlichkeit und hoher Eindringlichkeit verkörperte Charaktere, bietet dieser Streifen einen unvergesslichen Filmgenuss und wirft nachhaltig Fragen auf. Dem Betrachter wird von Beginn des Filmes an wenig Zeit gelassen, alles zu hinterfragen, doch die Geschichte beschäftigt sich wenig mit wissenschaftlichen oder technischen Erklärungen, sondern schildert eine "Was-wäre-wenn"-Story, in der das Publikum Mäuschen spielen darf.
Da kann Hollywood mit all seinen oberflächlich abgeguckten Geschichten á la Ein-Mann-Szenarien mit ohrenbetäubender Filmmusik unterlegten, stargespickten Filmchen nicht mithalten!
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