Dieser Tage bin ich auf einen Film gestoßen, an dessen Ende ich gesagt habe: "Der hätte jetzt auch noch eine Stunde länger gehen können!" Eine wunderschöne Tragikomödie aus China, aus der so viel Weisheit sprach, das mich dieser Film zum Nachdenken anregte. Zum Nachdenken über Werte wie Freundschaft, Ehre und Würde, über ein Versprechen, das man gegeben hat, über die Liebe und das Leben an sich.
Doch ehe ich weiter schreibe, stelle ich euch den Film kurz mal vor:
"Nicht ohne meine Leiche"
China/HK, 2007
Nach der Arbeit picheln sich die Zhao und Liu kräftig einen, und als Zhao anderntags aufwacht, ist sein Freund im Schlaf verstorben. Liu hatte ihm am Vorabend noch versprochen, sollte er sterben, ihn nach Hause zu bringen, damit er in seinem Heimatdorf bei der Familie - wie es die Tradition mit sich bringt - beerdigt werden kann. Nun fühlt sich Zhao verpflichtet, das selbe für seinen verstorbenen Freund zu tun: ihn in sein Heimatdorf zu bringen. Doch der Weg ist sehr weit, und Zhao hat kein Auto. Auch ist man als Bauarbeiter nicht reich. Doch Zhao scheut weder Mühen, noch ist er einfallslos: mal wird er per Anhalter mitgenommen, mal reist er mit seinem toten Freund im Bus (in dem natürlich helle Aufruhr entsteht als sich entpuppt, das der Begleiter des alten Mannes das Zeitliche gesegnet hat), mal transportiert er ihn in einer Schubkarre, mal auch in einem großen Reifen, ein andermal wird er von verschiedenen Bauarbeitern auf deren Transportgeräten weiter seines Weges gebracht... So schlägt Zhao sich durch's Land, um sein Versprechen einzulösen und Lui in Würde beerdigen zu können...
Wie der Film ausgeht, was ihm noch so alles unterwegs geschieht, das solltet ihr euch selber ansehen. Es lohnt! :)
Der alte Mann, der hin- und hergerissen ist zwischen den alten Traditionen und der sich stetig, immer schneller entwickelnden, modernen Welt mit ihrer Bürokratie und allgegenwärtigem Verbrechen, mit Vorurteilen und Ablehnung konfrontiert, geht seinen Weg, gleich wie mühselig oder aussichtslos es oft erscheint. Die scheinbare Sinnlosigkeit seines Unterfangens - denn was ist das für eine wahnwitzige Idee? - gewinnt mehr und mehr an Tiefe, und so kommen schnell Fragen auf nach den wahren Werten des Lebens. Nach Ehre und Würde und der Bedeutung der Freundschaft. Hätte sein Kumpel wirklich ebensolche Strapazen auf sich genommen? Und: spielt das eine Rolle? Muß es denn immer heißen "wie du mir, so ich dir"? Kann man nicht auch freundlich sein zu einem Menschen, der mal einen schlechten Tag hat, der einem nicht ein fröhliches Lächeln zuwirft, wenn man ihn grüßt? Kann man einem Menschen nicht die Hand reichen, auch wenn er sie ausschlägt? Jemandem Hilfe anbieten, auch wenn nicht darum gebeten wird?
Das Positive, das wir anderen Menschen geben, kommt auf uns zurück. Leider nehmen die meisten Menschen das wohl zu wörtlich und meinen: ich tu dir was Gutes, dann tust du mir später was Gutes. Das aber das Gute von ganz anderen Menschen zurück kommt, daran denken wohl nur wenige. Das Leben ist wie ein Kreis, jeder gibt dem, der neben ihm steht. Diese Kette der Menschlichkeit und Nähe wird stärker und fester geknüpft, je mehr Menschen bereit sind, für einen anderen zurückzustecken, etwas abzugeben, auch wenn sie selber wenig haben. Das Prinzip ist wie das des Schneeballsystems - die kleine Kugel, die man selber weiterreicht, wird größer und größer, je weiter sie von Mensch zu Mensch gereicht wird. Immer wieder wird die Kette für einen Moment unterbrochen, bis der nächste kommt und den Ball auffängt und weiterreicht... Sein Leben darauf zu warten, das der Ball wieder zu einem zurückkehrt ist der falsche Weg. Denn oft sieht man dann gar nicht das Gute, das einem schon längst und immer wieder auf's Neue widerfährt: in so vielen kleinen, wunderbaren Dingen des Alltags.
Jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen, heißt es. Und das ist wahr. Probleme kann man nicht miteinander vergleichen. Es gibt keine Hitliste oder ein Highscore für "die fettesten Probleme der Menschheit". Das Kind, dem sein liebstes Püppchen abhanden gekommen ist, lernt zum ersten Mal Verlust kennen, und das ist nicht weniger schlimm als das Auto, das einem verkratzt wurde. Der Unterschied ist nur der schnöde Mammon, an dem der Erwachsene sein Leben festmacht. Der Schmerz bleibt der gleiche.
Diesen Schmerz zu lindern, einem anderen die Tränen zu trocknen, ohne nach dem Warum zu fragen, es einfach zu tun und Mitgefühl, Menschlichkeit, Nähe zu zeigen, ganz gleich wie es in einem selber aussieht, ist das, was den Respekt im Miteinander ausmacht. Nicht danach fragen, ob der andere beim nächsten Mal ebenfalls ein Päckchen Taschentücher parat hat - sondern die Schulter nehmen, die sich einem bietet. Das kann der Arm eines Bekannten sein, oder aber die Worte eines Fremden. Trost und Liebe sind immer da, wo man sie findet.
Wahre Worte!
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