Drama, USA 2008
Regie: Darren Aronofsky
Darsteller: Mickey Rourke, Marisa Tomei, Evan Rachel Wood
Randy "The Ram" Robinson war in der 1980er Jahre eine große Nummer im Wrestle-Ring. Doch zwanzig Jahre später ist der einstige Held des Rings ausgebrannt: mit den schlecht bezahlten Shownummern bringt er kaum die Miete für seinen Wohncontainer auf, der Job im Supermarkt macht ihn unzufrieden, und mit seiner Tochter Stephanie ist er zerstritten. In einem Hardcore-Wrestle Auftritt sieht "The Ram" seine Chance, an den Ruhm der vergangenen Tage anzuknüpfen - und nimmt schweren Schaden.
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Der Film "The Wrestler" erzählt die Geschichte eines in die Jahre gekommenen Profi-Wrestlers, der nichts anderes gelernt hat, als im Ring eine Show zu liefern. Ausgebrannt von jahrelangem Medikamenten-Missbrauch ist er nicht nur auf einem Ohr fast taub, sondern hat vielmehr alles verloren, was ihm im Leben je etwas bedeutete. Ablenkung von seinem grauen und tristen Alltag eines verbauchten Athleten, der sich im Supermarkt seinen spärlichen Lebensunterhalt verdient, bietet ihm nur der Besuch einer Strip-Bar, in der er von Pam "Cassidy" entgeltlich Unterhaltung erhält.
SPOILER!
In stellenweise sehr ruhigen, nachdenklichen und intensiven Bildern begleitet der Zuschauer den alternden Star von einst. Wie durch ein Schlüsselloch beobachtet man ihn bei all seinen Aktivitäten: sei es beim Job, sei es in der Bar oder auch bei den Vorbereitungen zu seinen Kämpfen. Mehr und mehr dringt man in seine Gefühlswelt ein und sieht ihn der "guten alten Zeit" nachtrauern, als er jung und erfolgreich für seinen Ruhm in den Ring stieg. Doch ebenso beobachtet man ihn, wenn er alles, an dem ihm noch etwas liegt, in den Sand setzt, wie er jede Chance auf ein normales Leben verbaut.
Mickey Rourke liefert mit der Rolle als Randy "The Ram" die wohl beste Leistung seiner Karriere ab. Hier geht der Schauspieler an seine Grenzen, so eindringlich und ebenso eindrucksvoll verkörpert er den einstigen Stern des Profi-Wrestlings. Lebensecht setzt er die Figur in Szene, still und melancholisch einerseits, doch andererseits immerzu kämpferisch. Zerrüttet zwischen dem einstigen Starruhm und der Sehnsucht nach Normalität. Zerbrechlich wirkt der hünenhafte Mann, der zwar Erfolge in einer Show feiern konnte, als Vater jedoch gänzlich versagt hat. Die Realität liegt "The Ram" nicht, möchte er doch nur eines: Anerkennung. Rourke mimt die Zerrüttung, die diese Rolle mit sich bringt, auf brilliante Weise: der Zuschauer leidet mit, möchte er dem Wrestler zwar noch so sehr "den Kopf waschen", versteht man doch auch die Sehnsucht nach dem einstigen Trubel und der Anerkennung.
Ein wenig pseudodokumentarisch und doch nie gestellt wirken die Szenen, in denen sich die Wrestler untereinander absprechen, welche Show sie dem Publikum bieten wollen. Seien es Rangeleien, Sprünge von den Seilen oder Umklammerungen, seien es Hardcore-Showeinlagen wie das Tackern oder das Anwenden von Stacheldraht: die Männer sprechen sich ab, um sich gegenseitig vorzubereiten und sich nicht untereinander die Show zu stehlen. Echt wirken diese Szenen, lebensnah und muten dennoch stellenweise sehr witzig an: "Harte Kerle" die sich hier rücksichtsvoll absprechen. Ein Blick hinter die Kulissen könnte Darren Aronofsky hier gelungen sein.
Doch "The Ram" ist nicht einfach ein Verlierer. Nein, der Respekt seiner Kollegen - ob jung oder selber ebenfalls in die Jahre gekommen - ist ihm sicher. Er selber degradiert sich auf den Ring und die Show, er selber läßt die Vergangenheit nicht ruhen und möchte an die vergangenen Zeiten anknüpfen. In seinen Augen kann er nichts anderes, doch dem Zuschauer wird schnell klar: er will nichts anderes. Der Weg der Normalität - Job, Familie, Wohnung - liegt ihm nicht. Der Wrestler will frei sein - frei von Alter, frei von Schmerzen, frei von finanzieller Abhängigkeit, frei von Schuld.
So sehr er sich auch bemüht, es reicht nie aus. Leider legt er sich nie genug ins Zeug, auch wenn er so tut als ob. Ein Wutanfall aufgrund der Enttäuschung, das er selber es versaut hat das Vertrauen seiner Tochter zurückzugewinnen, kostet ihn letztendlich seinen Job. Mehr und mehr treibt er sich dem Ende entgegen, obwohl er an sich unentschlossen ist, ob es das ist, was er will. Zu leicht gibt er auf, nicht hartnäckig genug verfolgt er seine Ziele. Letztendlich landet er wieder im Ring - auch wenn es der letzte Kampf seines Lebens sein sollte.
In einem stillen Spannungsbogen wird der Protagonist dem Ende entgegengetrieben. Zu Beginn wird nur ein schlichter Weg aufgezeichnet: Ruhm, Schmerzen und Alter, Alltag, Unzufriedenheit. Doch je weiter der Zuschauer in die Geschichte eindringt, desto vertrauter wird einem die Figur des Wrestlers: so jemanden kannte man schon mal, oder so jemand ist man selber mal gewesen - die Hauptfigur erscheint einem stets greifbar. Hier wird einem zwar nicht ein Spiegel in eigentlichem Sinne vorgehalten, doch die Gefühle, die von der Story auf den Zuschauer überschwappen, sind echt und sehr intensiv. Rührselig wird es nie, niemals kitschig oder aufgesetzt wirkt dieser Streifen.
Pam "Cassidy", die sich in der Strip-Bar ihr Geld verdient, um ihrem 9-jährigen Sohn ein passables Leben zu ermöglichen, mag Randy sehr, hält ihn jedoch auf Distanz. Auch nachdem sie nach einem kurzen Shopping-Ausflug noch ein Bier trinken gehen und offensichtlich auf einer Wellenlänge sind, viel Spaß zusammen haben, entzieht sie sich in letzter Sekunde noch den eigenen Gefühlen dem älteren Mann gegenüber. Marisa Tomei verkörpert die Rolle der einerseits emanzipierten, andererseits sich doch der Männerwelt unterordnenden Frau mit ralistischer Eindringlichkeit. Sie gleicht "The Ram" doch mehr, als sie wahrhaben will, denn auch sie verfolgt ihre Ziele nur halbherzig und setzt sich selber herab, indem sie behauptet "nicht mehr zu können"; auch sie liefert immerzu eine Show ab. Die beiden sprechen nicht darüber, denn das ist nicht nötig, der Regisseur zeigt hier deutlich die Parallelen auf, wortlos und mit viel Feingefühl für die zerbrechlichen Charaktere.
Dieser Film bietet stille, nachdenkliche Momente ebenso wie actiongeladene und teilweise sehr brutale Kampfsequenzen. Realistisch und einfühlsam ist dies ein Film, der sich ins Gedächtnis prägt. Untermalt wird die Szenerie von einem fetzigen Soundtrack, zu dem u. a. Quiet Riot, Guns 'n' Roses, Solomon und Slaughter Songs beisteuerten. Durch die mitfühlende und nie distanziert oder herablassend geführte Regie gelang hier ein ganz großer Film um eine kleine Geschichte. Unbedingt ansehen!
Anmerkung: dies ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme! Sehr anschaulich dargestellt auch, das es sich hier keineswegs um einen Verlierer handelt, denn dazu wird er von sehr vielen Menschen respektiert. Leider aber sieht er selber sich als "Loser"... und das ist es, das diese Geschichte ausmacht.
Anmerkung: dies ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme! Sehr anschaulich dargestellt auch, das es sich hier keineswegs um einen Verlierer handelt, denn dazu wird er von sehr vielen Menschen respektiert. Leider aber sieht er selber sich als "Loser"... und das ist es, das diese Geschichte ausmacht.
AntwortenLöschenSehrt eindringlicher Film. Kommt nicht ganz ran an "Million Dollar Baby", kann aber getrost in einem Atemzug mit ihm genannt werden.
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