Samstag, 5. Oktober 2013
Krankenhaus die 2. - Mittwoch (02.10.13)
Um 7:00 Uhr, da hat man als Kranker ja eh nix anderes zu tun, wird die Zimmertür aufgerissen, Licht geht an, Pfleger trampelt rein. Ich sage ihm, als er mich blutdruckt und termometert (100/60, Puls 72, 36,3°C), das ich seit einigen Tagen Halsweh hab, trockenen Hals, leichten Husten. Sagen Sie dann gleich dem Arzt bescheid, wenn er kommt. Er nickt vertrauensvoll, als wäre das eine Tatsache, das binnen kürzester Zeit die Visite stattfindet. Naja, denke ich, lecko mio.
Um kurz vor zehn kann ich zum ersten Mal seit einer Woche auf die Toi. Wie soll das auch gehen, wenn man nicht richtig essen kann? Hat mir noch keiner verraten. Naja, hier eh nicht, denke ich.
Um 10:15 Uhr bekomme ich ein schweres Gefühl im Kopf, der sich zusammenzieht, und mir wird mit einemmal eisekalt. Ich bibbere und gehe unter die Zudecke.
Ralfi kommt, wir laufen mal kurz durch den Flur, aber entfernen uns nie sehr weit vom Zimmer, weil wir die Visite nicht verpassen wollen. Aber da kommt nix, und Ralfi geht vor dem Mittag wieder heim.
Ich schiebe mittlerweile richtig Kohldampf, es ist Mittags, und ich warte sehnsüchtig auf das Essen. 13 Uhr öffnet sich die Tür, und das Tablett wird mir vor die Nase gestellt. Naja, lecker ist was anderes, aber ich hab Hunger. Einen Bissen schaffe ich, dann klopft es wieder, und ein Doktor kommt rein, der sich als Neurologe vorstellt. Hui, denke ich, der ist mal mein Alter! Also ein richtiger Arzt, und ich entspanne augenblicklich. Allein, das überhaupt endlich mal ein Neurologo reinschaut, wo ich so Angst um meinen Kopf habe, wegen all der Krämpfe... Ich erzähle ich also davon. Er fragt dies und das, wann ich das letzte Mal Krämpfe hatte, wie häufig und all das, wann das letzte EEG gemacht wurde und sowas... Er macht ein paar Tests (Hinstellen, Finger auf die Nase, Reflexklopfen etc.) und sagt, das es sich bei den Krämpfen um keine neurologische Störung handelt. Das sei das Calcium, so wie er das jetzt beurteile, das alles trete tatsächlich nur im Zusammenhang mit der (nicht mehr vorhandenen) Schilddrüse auf. Ich brauche mir keine Sorgen um meinen Kopf machen, man könne andere neurologische Untersuchungen - wie EEG - für einen späteren Zeitpunkt anberaumen, das solle ich dann mit meinem Hausarzt abklären. Okidoki, denke ich, ein wenig beruhigt. Ein wenig aber nur. Ehrlich? Nicht wirklich. Ich habe ihm gesagt, das mir das Angst macht, und er sagt, das ist normal, auch das wird von der SD gesteuert, von den SD-Hormonen vielmehr. Diese haben als Begleiterscheinung Angstzustände und Panikattacken. Ich solle versuchen, mich zu entspannen, wenn solch ein Anfall kommt, und mir sagen, das es nichts mit meinem Kopf zu tun hat. Okay, ich versuche es, denke ich, und weiß jetzt schon, das das nix wird. Also das Fazit der neurologischen Untersuchung: ich bin topfit, um es auf den Punkt zu bringen. Neurologisch jedenfalls.
Um 13.10 Uhr kann ich dann endlich bissi essen. Ich schaffe sogar relativ viel, wenn auch - natürlich - wieder nur im Schneckentempo. Als Ralfi wieder nach mir sehen kommt, war noch immer keine Visite in unserem Zimmer. Die beiden Damen und ich haben schon spekuliert, das unser Zimmer wohl gern gemieden wird, weil am Ende vom Gang, da vergißt man das leicht. Ich spekuliere für mich im Oberstübchen, das es vielleicht an der Luft hier drin liegt. Heute war mal das Fenster auf, für ungefähr eine Stunde, ein kleines Kippfenster recht weit unten (auf Betthöhe), das einen Raum von ca. 30 m² durchlüften sollte... nun denn. Wie auch immer, Ralfi und ich laufen immer mal ein bissi rum. Auf dem Flur, damit wir nix verpassen, und wir sehen bei jedem Gang - wir gehen so alle 25-30 Minuten - den Arzt, dessen Bekanntschaft ich bereits Sonntags machen durfte, mit einer jungen Ärztin beratschlagen. Sie stehen in einer Nische und reden und reden und reden. Jedesmal wenn wir auf den Gang treten.
16:25 Uhr geht endlich die Zimmertür auf, nachdem die 3 Ärzte (er, und zwei sie's) ungefähr zwanzig Minuten davor gestanden und unüberhörbar über uns gesprochen haben, und die Visite fängt auch gleich mit mir an.
"Ihre Werte sind sehr gut, die haben sich jetzt eingependelt," sagt Dr. "der-Körper-ist-kein-universelles-Wesen". "Und deshalb lassen wir Sie jetzt fliegen, Sie können also jetzt nach Hause."
Hä? Das ist alles?
"Ja, wie, und wovon... ? Und wieso... ?" So viele Fragen hab ich noch.
Um es kurz zu machen - und es ist genau so, wie Ralfi es mir an eben diesem Morgen sagte, nachdem er nämlich das Internet konsultiert und sich den Beipackzettel der SD-Hormon-Tabletten durchgelesen hat (den wir nicht mehr haben, sondern der bei meinem Hausarzt liegt): das sind alles Nebenwirkungen der Tabletten, die ich zur Zeit zeige, in zwar verstärkter Form, aber das rührt daher, das sich meine Hormone noch nicht eingestellt haben im Zusammenspiel mit den Tabletten. Da mir nach der OP keinerlei Medikament verabreicht wurde, hat mein Körper erstmal alle Hormone aufgebraucht, die noch gespeichert waren. Resthormone sind ja auch ohne SD noch im Körper vorhanden und werden, bis zu einem gewissen Grad, ausgeschüttet. Doch letztendlich, wenn dann die Hormon-Produktion komplett eingestellt wird, weil der Körper eben keinen Hormon-Lieferanten mehr hat, zeigen sich eben diese Symptome. Und das wird schlimmer, wenn man nicht - was ja zu Beginn auch gar nicht geht - die richtige Dosis an SD-Hormonen verabreicht bekommt. Ich solle die Hormone von 150 nun direkt anderntags auf 125 µg hinuntersetzen, denn meine Werte würden sich ja jetzt noch nach und nach immer ein klein wenig angleichen.
Fazit: hätte ich also direkt nach der OP Tabletten bekommen, wäre mir all das erspart geblieben. Auch, das ich noch immer nicht richtig essen kann, mein Kreislauf bei jeglich warmen Essen und Getränken schlapp macht, ich gegen Mittag/Nachmittag extreme Schwindelanfälle und Panikattacken bekomme... das hätte ich alles von der Backe, wenn... aber das nutzt ja jetzt nun nix, ich muß damit leben, wie es jetzt ist, so schwer es mir fällt.
Wir sind dann also nach Hause, wo ich um 21:30 Uhr einen heftigen Schwindelanfall beim Trinken einer lauwarmen Gemüsebrühe bekam. Bis dahin war an dem Tag nix mehr, außer das ich sehr wackelig auf den Beinen war, mir immerzu schummrig war und ich mich allgemein unwohl fühlte. Also wie immer in den letzten Wochen...
So, das war mein Krankenhaus-Aufenthalt, der 2. also in Sachen Schilddrüse. Von nun an folgen täglich nur noch Bestandsaufnahmen, wie ich mich gefühlt habe, um denjenigen einen Überblick zu verschaffen, die selber mit der SD zu tun haben. Es ist schwer, bei so einer riesigen Auswahl im Internet, auf die gleiche Symptomatik zu treffen. Vielleicht bringt es dem ein oder anderen etwas, der seine Symptome mit meinen abgleichen kann. Wie ich erfahren habe, ist es bei mir sogar noch glimpflich abgegangen, mein TSH-Wert lag ja bei 34, mittlerweile liegt er wohl um die 3,4-3,6. Es gibt da ganz andere Fälle, und ich bin in Gedanken bei all diesen Menschen, denen es noch schlechter geht als mir.
Und übrigens - und das geht an Adressen wie die meiner lieben Frau Mama und andere "Härtner": mit 'nem kalten Waschlappen auf die Stirn ist es nicht getan! Ich bin nicht der erste Fall, der wegen dieser oder ähnlicher Symptome ins KH kam, und bei dem die Ärzte erstmal vor einem Rätsel stehen. Statt das sich dort mal jemand die Packungsbeilage durchgelesen hätte, tackern sie mich mit ihren Untersuchungen zu, die rein gar nichts mit dieser Sache zu tun haben.
Naja, in diesem Sinne. Ich hoffe, es ist so, wie Ralfi es mir gesagt hat: es wird jetzt jeden Tag besser. Ich müßte nur noch anfangen, daran zu glauben... aber wie das eben so ist: was ich nicht fühlen kann, kann ich nicht glauben. Also, bis dahin dann!
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