Es muß gegen halb eins/eins rum gewesen sein, als mir die Lichter ausgegangen sind. Als sich das nächste Mal eine Uhr in mein Blickfeld schob, war es bereits 17 Uhr. Und das einzige, an das ich beim Aufwachen denken konnte, war: ich muß auf's Klo! Ich sah mich ein wenig verwirrt um, lag ich doch auf dem Rücken in meinem Bett, hatte schreckliche Schmerzen im Nacken-/Schulterbereich (viel schlimmer natürlich noch, als sonst die Schmerzen, die ich in diesem Bereich leidlicher Weise zu haben pflege) und fragte mich, wieso ich, wenn ich tatsächlich seit sechs Uhr in der Früh nichts mehr zu trinken bekommen hatte, so dringend pieseln mußte. Ich versuchte matt und schwach ein Zeichen von mir zu geben. Die Schwester, die links zu meiner Seite am Schreibtisch saß, bemerkte das krächzende Geräusch meiner Kehle augenblicklich und trat an mein Bett heran, sanft lächelnd, als sehe sie auf ihr in der Wiege liegendes Kindlein hinab.
"Kann ich etwas für Sie tun?" fragte sie behutsam und leise.
"Ich muß so dringend Pipi," entfuhr es mir. Ich fühlte mich so schwer an, so plump (ja, auch hier: noch plumper als sowieso schon immer), und rang mir ein Lächeln ab.
"Aber natürlich! Ich hol' mal die Pfanne, und dann probieren Sie, ob es geht. Wenn nicht, dann kommen sie ja auch bald auf Ihr Zimmer und können da auf die Toilette gehen," erklärte sie mir liebevoll und geduldig.
Die Bettpfanne kam, und wer von euch, meine lieben LeserInnen und Leser, schon mal so ein Teil unter seinem Bobbes hatte, der weiß, wie schön kalt und wohlig hart doch so ein Ersatz-Klo ist. Natürlich kam nix, denn: Auf's Klo gehen ist Kopfsache! Das macht man net einfach irgendwo, das muß schon warm und gemütlich sein. Ich versuchte also, meine Gedanken, während ich scheinbar endlos lange auf dem kalten Pfannendingens lag, in eine andere Richtung zu lenken. Doch dies schien mir weder der rechte Zeitpunkt, noch der richtige Ort, geschweige denn die formelle Pose, um an etwas Schönes zu denken. Also dachte ich nur: Pipi, komm endlich!
Gefühlte hundert Stunden - in Wahrheit waren es nur um die fünfzehn, vielleicht zwanzig Minuten - kam jemand (ich weiß nicht mehr, wer, ob Ricardo oder sonst jemand) und schob mich auf das Zimmer hinauf. Und kaum war ich dort angekommen, schlüpfte ich, mithilfe der nachmittäglich/abendlichen Stationsschwester (denn auch die liebevolle schwäbische Schwesternmutti mußte ja mal Feierabend machen) aus dem Bett. Sie sagte, ich solle langsam machen, aber ich könne ruhig ganz normal auf die Toilette gehen. Und das tat ich. Wow, fühlte sich das gut an!
Ein wenig später kam Ralfi, und ich wußte im ersten Moment nicht, war ich zwischenzeitlich eingeschlafen, war ich tot, wo war ich, wer war ich und überhaupt. Meine Sinne waren benebelt, ich hatte keine Kraft in Armen, Beinen, Füßen, Händen, Mund, Nase, Augen... alles war schwach und stumpf, vollbetäubt.
"Ich war auf Safari!" sagte ich zu Ralfi, und meine Worte hörten sich nicht nur seltsam an, ich habe wohl auch seltsam geklungen. Ralfi sah mich streng an (noch so einer, der nicht lachen wollte), und ich versuchte ein schiefes Grinsen. "Die haben mich mit einem Elefant verwechselt."
Mir war weder übel noch schwindelig, ich war einfach schlapp. Und ich hatte mit einemmal grauenvollen Durst. Vorsichtig trank ich einen Schluck Wasser, das Schlucken tat furchtbar weh. Die Schwester hatte mir einige Pillen dagelassen, gegen den Schmerz, wie sie gesagt hatte - wenn ich mich ihrer Worte recht entsinne. Also nahm ich solch eine Tablette, aber der nächste Gedanke galt nur noch der Zigarette. Ich hatte ja solchen Schmacht!
Der strahlende Sonnenschein lachte durchs Fenster, meine Bettnachbarin lag dösend auf der Liege, und ich wollte nur noch raus, raus, raus hier. Und so taten wir es! Wir gingen raus, da war es aber schon gegen halb sieben. Wo die Zeit hin ist, weiß ich nicht, alles war wie Watte.
Vier Kippchen habe ich gequalmt, und es hat so lecker geschmeckt! Immer wieder ein kleiner Nippi an meinem Wasserfläschchen, Ralfi stützte mich behutsam ab. Die Kanüle in meiner linken Hand schmerzte ein bißchen, aber ich verdrängte das erfolgreich und dachte nur daran, das ich anderntags vielleicht ja schon heim könnte. Mit bissi Glück!
Ich blubberte immer wieder irgendwas vor mich hin, so ganz weiß ich nicht mehr was. Letztendlich weiß ich nur, das mich diese Narkose so richtig umgehauen hat. Als Ralfi mich nach einigen Stunden, - bis halb neun abends harrte er bei mir aus und ertrug geduldig mein sinnloses Gebrabbel, das nur durchbrochen wurde von meinen Kicherversuchen, denn das alles, die ganze Situation, stellte sich mir vollkommen klar zwar im Geiste dar, mein Hirn wußte um alles, was gesagt, getan und nicht getan wurde, aber mein Mund und meine Motorik im allgemeinen wollten nicht so, wie mein Kopf - als er mich also abends verließ und für zehn Uhr am anderen Tag wieder ankündigte, fühlte ich mich zu groggy, um traurig zu sein. Ich legte mich auf's Bett, mit dem ich noch ein bissi spielte, und schlief wohl augenblicklich ein.
Des nachts wurde ich stündlich wach, je weiter die Narkose aus meinem Körper wich, desto klarer wurde mir, das der ganze Tag und Abend spurlos an mir vorbeigestrichen sein mußte, ich konnte mich an nichts mehr richtig erinnern (außer an die Safari). Das leise Atemgeräusch meiner Bettnachbarin, das manchmal in ein kurzes, sanftes Schnarchen anstieg und wieder verhallte, beruhigte mich auf ungewohnte Weise. Ich war nicht allein, das gab mir Halt. Dennoch mußte ich immer wieder die Keramikabteilung aufsuchen, fast jede Stunde hatte ich den Drang, meinem natürlich Bedürfnis zu folgen. Ich ließ das Licht im Badezimmer - und das war so gar nicht klinik-like, sondern eher schon 3-Sterne-Hotel-mäßig! - gerade so lange an, das ich einen Blick auf die Fernbedienungs-Uhr werfen konnte. Ich zählte die Stunden bis zum Morgen, bis ich endlich wieder mit Ralfi unten eine rauchen gehen konnte.
Wie der nächste Tag verlief, könnt ihr im nächsten Teil von Soda.s Krankenhaus-Soap lesen! :O)
Bis dahin: Kopf hoch & Ohren in den Wind! ;)
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