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Samstag, 27. Oktober 2012

Die Ballade vom einsamen Jungen


Nebel zog am Fenster vor,
kroch übers Moor und übers Land,
vorbei an Gräbern und Gebeinen
hinauf zum Haus am Hügel

Im Haus, da war noch Licht,
matter Schein in altem Gemäuer
Staubige Teppiche an der Wand
und die Räume alle leer

Nur ein einsamer Junge,
hochgewachsen und mager,
dessen Tante lange kalt
in der Gruft schlief bei den Eltern

Hier lebte er, still und heimlich,
vergessen von der Welt,
die nichts Gutes in sich barg,
nicht für ihn, den einsamen Jungen

In dieser Nacht da war ihm frostig
und er zitterte so sehr,
das er am Feuer stand sehr lange
und die Flammen züngeln sah

Doch nichts konnte ihn wärmen,
keine Glut und keine Stoffe
weder Wein noch gutes Essen,
nach nichts davon verlangte ihm

Er sehnte sich nach so viel mehr,
und wollte dennoch gar nichts haben
Reichtum war sein ganzes Gut,
doch immerzu war er allein

Traurigkeit sprach aus seinem Blick,
der sehnsüchtig in die Ferne schweifte
selten nur blickte er noch zurück
zu den sorglosen, behüteten Zeiten

Durch den kleinen Spalt am Fenster
krauchte nun der Nebel rein
und der einsame Junge begann zu zittern
der Körper bebte mehr und mehr

So viel Leid und so viel Qual
hatte er erleiden müssen
In seinem kurzen, verlassenen Leben
und innerlich schüttelte es ihn

Dann schlug es auf die Knie ihn nieder
wie ein Schlag von innen raus
bäumte sich der schmale Körper
Schreie stieß er peinvoll aus

Seichtes Licht vom Firmament
strahlte ins Gemäuer rein
bis die Wolken unaufhörlich
den Mond in ihr Gewand einhüllten

Doch allein die Gunst
des Bruders Mond am Himmelsstreif
genügte aus ihn so zu rütteln,
den einsamen Jungen auf den Knien

Lauter wurde sein Gebrüll
tosend nun die Wut in ihm
kaum auszuhalten noch der Schmerz
hieb die Hände er vors Gesicht

Die Zeit verrann,
die Qual verstrich
der einsame Junge lag todesgleich
ungerührt am Feuerskranz

Doch mit einem Sprung,
wie aus dem Nichts,
stand auf den Beinen er
und schnaubte seinen Zorn hinaus

In die Welt nun ging er,
rannte ja, 
dem Dorf entgegen,
wo es Nahrung gab

Die Ohren spitz,
die Augen helle,
die Zähne lang, 
das Fell ganz dunkel

Fleisch, ja Fleisch,
das muß es sein!
Heut nacht, heut nacht
im Mondenschein!

So voll, so blühend
so glühend und rund
Fressen, jagen, verspeisen
schmackhafte Menschen

Der einsame Junge,
der einsame Wolf
gepeinigt, gemieden,
allein und getrieben

Triebe so dunkel,
Begierde so mächtig
heut nacht, heut nacht
war er er selbst

Und so ging es immer
sein Leben lang schon
alle waren gegangen,
zernagt und entbeint

Fleisch war's gewesen,
nur das allein
Der Natur zu frönen,
das war sein Ziel

Er wollte nichts anderes,
nur hier und jetzt
der Wolf in ihm
war der Wolf den er liebt


© Soda. Shadow


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